Der Asphalt ist rau, der Schotter spitz und die Kinder sind schwer. Mit einem lauten Knall verabschiedet sich der Anhängerreifen Nummer drei. Bei den ersten beiden Reifen waren wir noch von den 4.000 km Laufleistung enttäuscht. Der dritte Reifen hielt lediglich 570 km durch.
Dann bricht auch noch die erste Speiche – natürlich auf der Zahnkranzseite. Marilynes Ständer war abgebrochen und wir hatten eine Autowerkstatt in Tok gebeten, die Schrauben aus dem Rahmen zu bohren. Der Mechaniker hatte stattdessen – leider unsachgemäß – den ganzen Rahmen geschweißt und dabei nicht nur das Rücklichtkabel angeschmort, sondern die Speichen gleich mit.
Als wenn das nicht genug wäre, reißt auch noch mein Schaltzug. Wir schlagen unser Nachtlager an Ort und Stelle direkt neben der Straße auf. Um den abgerissenen Kopf zu entfernen, brauche ich zum ersten Mal auf dieser Reise meine Stirnlampe. Der Top of the World Highway fordert uns heraus. An manchen Tagen sind wir mehr am Reparieren, als dass wir fahren. Die Reparaturpausen sind allerdings eine willkommene Abwechslung zu den Anstiegen von bis zu neun Prozent. Von Tok nach Dawson City geht es auf 300 Kilometern 4.500 Höhenmeter hoch und wieder runter. Da es unterwegs nur ein Dorf und streckenweise wenig Wasser gibt, reisen wir schwer beladen.
47 Kilo Räder & Anhänger
+ 75 Kilo Ausrüstung
+ 41 Kilo Essen, Gaskartuschen & Windeln
+ 13 Kilo Wasser
+ Mika, Marla, Marilyne & Daniel
= 309 Kilo
Die Quizfrage lautet: Was wiegen Mika, Marla, Marilyne und Daniel? Schickt uns Eure Antworten an velomerica@mailbox.org. Unter allen richtigen und falschen Antworten verlosen wir eine Postkarte für jede*n! 😉
Die eigentliche Frage ist natürlich: Macht das überhaupt noch Spaß mit 300 Kilo durch die Berge zu fahren? Warum radeln wir über den Top of the World? Der erste Teil der Antwort ist einfach: Es gibt hier oben nur zwei Straßen von Alaska nach Kanada. Die alternative Route führt über den Alaska Highway (blaue Strecke), welcher die Autobahn unter den Highways in Alaska ist. Es gibt zwar einen schönen Standstreifen, aber dafür (relativ) viel Verkehr, weswegen wir den Highway so gut es geht umfahren (orangefarbene Strecke).
Der zweite Teil der Antwort: Berge bringen in der Regel schöne Aussichten mit sich.
Der dritte Teil der Antwort liegt in den kleinen Erlebnissen am Wegesrand: Je abgelegener die Route, je kleiner die Dörfer, desto herzlicher sind die Menschen. Während wir gerade unser Abendbrot kochen, hält Dewayne, ein US-amerikanischer Soldat, an und schenkt uns Fertigmahlzeiten von der Armee.
Unglaublich: Vier Tage später kommt er mit seiner Frau und Tochter noch einmal vorbei und bringt uns Eis und Schokoriegel mit. Marla und Mika strahlen über beide Ohren.
Als ich in einer kinderfreien Stunde am Abend meiner Pfadfinderleidenschaft fröne und Aufnäher auf den Anhänger aufnähe, kommt ein local vorbei, der sich verfahren hat. Während ich ihm den richtigen Weg auf dem GPS suche, kramt er zwei Bier und ein Bündel Mangold aus seiner Kühlbox raus. 90 km bis zur nächsten Ortschaft in jede Richtung, dazwischen eine nachts geschlossene Grenze und wir trinken kühles Bier! 🙂
Das einzige Dorf unterwegs ist eine alte Goldgräbersiedlung mit dem merkwürdigen Namen Chicken. Der Ort hieß ursprünglich Ptarmigan (Schneehuhn), aber weil sich die Einwohner*innen auf keine Schreibweise einigen konnten, nannten sie das Dorf einfach Chicken.
Wir nähern uns mit großen Schritten der Goldrauschgeschichte am Klondike River. Lieber Jack London-Lesezirkel: Im Yukon ruft die Wildnis!
Was den Highway zum Top of the World macht, ist aber nicht unbedingt die Höhe, sondern vielmehr die Tatsache, dass er nicht den Tälern folgt, sondern oben auf dem Kamm entlang läuft.
Pünktlich zum Dawson City Music Festival rauschen wir in den staubigen wilden Westen.
mikas style im letzten bild! <3
und ihr habt jetzt sogar merchandise?!
Wir arbeiten – den Großeltern sei Dank – an unserem Merchandise, aber es reicht noch nicht, um die Reise zu finanzieren. 😉
Quelle aventure la famille vélo, et comme Mika et Marla ont grandi!! Il fait bon l’air frais des montagnes et la liberté à vos côtés, poursuivez votre rêve, on vous accompagne!! bisous
Dios los proteja en su camino…. hermosa experiencia para sus hijos…increíbles fotos… saludos desde Tijuana