La Amazonía ecuatoriana – Entre ríos y cascadas

Ecuador begrüßt uns nicht unbedingt von seiner schönsten Seite. Der Nordosten des Landes ist Erdölfördergebiet und wie schon in der kolumbianischen Amazonasregion bringt auch hier der Männerüberschuss viele Drogen und Prostitution mit sich. Der Regenwald ist großflächig abgeholzt worden und ohne die schattenspendenden Bäume ist es erdrückend heiß im Amazonastiefland. Eigentlich hält uns hier nichts länger auf, aber Marilyne ist noch von den kolumbianischen Hitzestrapazen erschöpft und muss sich dringend ein bisschen ausruhen.

Mittagsschlaf am Wegesrand

Maria und Walter laden uns ein, ein paar Tage bei ihnen in Sacha zu verweilen, was wir sehr dankbar annehmen. Walter nimmt sich viel Zeit, um uns die Gegend zu zeigen.

Auf dem Bauernhof seines Vaters wird Erdöl gefördert, ohne dass sie daran auch nur einen Cent verdienen würden.
Auf ihrem Grundstück schützen sie noch einen kleinen Rest Regenwald vor der Abholzung.
Marla erntet Trauben von einer Palme …
… und wir lernen die ecuadorianische Küche kennen. Walter zeigt uns, wie mit Käse gefüllter Maniokbrei und Kochbananen frittiert werden. Dazu gibt es frisch gebrühten Guayusa-Tee. Das koffeinhaltige Stechpalmengewächs wird in der Region anstelle von Kaffee getrunken.
Walter organisiert uns noch ein Fernsehinterview mit dem lokalen Sender CocaVisión ...
… bevor wir uns mit neuen Kräften wieder auf den Weg machen.

Hinter Loreto wird die Landschaft abwechslungsreicher. Wir überqueren unsere zweite Andenkordillere und radeln dann entlang der Bergflanken in Richtung Peru. Die Vegetation wird wieder üppiger und wir finden viele schöne Zeltplätze an den unzähligen Flüssen und Wasserfällen in der Region.

Als wir im obersten Stockwerk dieser Hütte zelten, weckt uns mitten in der Nacht ein Erdbeben auf. Zunächst realisieren wir gar nicht, warum die auf Bambuspfählen stehende Hütte plötzlich schwankt. Am nächsten Morgen erfahren wir, dass das Epizentrum in Peru lag, aber das Beben aufgrund seiner Stärke von 8,0 auch in Ecuador noch deutlich zu spüren war.
Von unserem Zeltplatz blicken wir auf den Vulkan Sumaco. Durch Ecuador zieht sich eine Kette von über fünfzig Vulkanen, von denen rund ein Drittel aktiv ist. Da wir uns jedoch für die Route durch die Amazonasregion entschieden haben, werden wir nicht so viele von ihnen sehen.
Für unser drittes Reisejahr haben wir uns erhofft, wieder mehr zelten zu können und Ecuador bildet einen guten Einstieg. In den knapp zwei Monaten, die wir hier verbringen, zelten wir über drei Viertel der Nächte.

Der Preisverfall des Erdöls in den letzten Jahren hat viele Einheimische gezwungen, sich nach anderen Einnahmequellen umzuschauen. Nicht wenige haben sich eine neue Existenz im Tourismussektor aufgebaut. Überall in der Region sprießen kleine Ökotourismusprojekte aus dem fruchtbaren Regenwaldboden.

Ausflug zu einem Wasserfall
Oft wird der Zugang zu den Wasserfällen von einer Familie kontrolliert, die eine geringe Eintrittsgebühr erhebt und dafür den Ort sauber und instand hält.
Héctor und seine Familie bewirtschaften ihre Fischfarm kontrolliert biologisch. Sie züchten einheimische Fischarten wie „bocachicos“ (Barbensalmler) statt „tilapias“ (Buntbarsche), die wegen ihrer wenigen Greten gern importiert werden. Die Barbensalmler bekommen lediglich Blätter und Mais statt industriellem Fischfutter zu essen.
Wir dürfen eine Nacht bei ihnen zelten und den Fischfang beobachten.
Außerdem lernen wir eine weitere regionale Spezialität zuzubereiten: Maito.
Der Fisch wird in drei Helikonienblätter eingewickelt und anschließend gegrillt. Im Gegensatz zu Bananenblättern verkohlen hierbei lediglich die äußeren Blätter. Die inneren bleiben grün und werden zusammen mit dem Fisch serviert.
Die Kinder lernen, dass sie keine Chilischoten im Anhänger öffnen …
… und sich schon gar nicht danach die Augen reiben sollten. 😉
Immer schön die Hände waschen!

In der ecuadorianischen Amazonasregion gibt es viele kommunale, gemeinschaftlich organisierte Tourismusprojekte. Auch die Dorfgemeinschaft von Usa Yaku hat sich zusammengeschlossen, um einen Zeltplatz samt Badestelle zu betreiben. Die Dorfbewohner*innen wechseln sich ab, um den Tourist*innen Essen anzubieten oder ihnen die nahegelegenen Kalksteinhöhlen zu zeigen.

Badespaß im Fluss
Die Höhle in Usa Yaku ist bei Weitem nicht so groß und spektakulär wie die überregional bekannten Jumandy-Höhlen. Dafür wird hier auch kleinen Kindern der Eintritt gewährt.
Die Kinder sind von den riesigen Spinnen beeindruckt.
Draußen begegnen wir neben Affen und Tukanen auch solch außergewöhnlichen Versteckungskünstlern …
… riesigen Grashüpfern …
… und unzähligen Schmetterlingen.

Außer den Provinzhauptstädten Tena, Puyo und Macas kreuzen wir nur noch kleine Dörfer. Selbst die Hauptstädte sind mit ihren zwanzig- bis dreißigtausend Einwohner*innen nicht sonderlich groß, sodass sich der Verkehr in Grenzen hält.

Hinter Puyo sind kaum noch Autos unterwegs.
In den Dörfern am Straßenrand leben Shuar. Wie so oft stellen die Kinder den ersten Kontakt her.

Die ecuadorianische Infrastruktur ist im Vergleich zur kolumbianischen ein Segen. Nachdem wir die schmale Fahrbahn mit ihren Erdöl-LKWs hinter uns gelassen haben und wieder zurück auf der E45 sind, weitet sich die Straße vor uns. Selbst die Ortsdurchfahrten verfügen über einen Seitenstreifen oder sind sogar zweispurig in jede Richtung ausgebaut. Die ecuadorianischen Straßen und die Manieren der hiesigen Autofahrer*innen sind weitaus gepflegter als ihre kolumbianischen Pendants.

Lediglich die üblich verdächtigen Busfahrer*innen nerven uns mit ihrem respektlosen Fahrstil.
Mittagspause am Wegesrand
Was wäre der Regenwald ohne den Regen?
Fast täglich ergießt sich der Himmel über uns.
Wenn wir Glück haben, finden wir ein schützendes Dach.
Doch mit der richtigen Kleidung …
… wird jede Modderpfütze zum Spieleparadies.
Aber wer sich schmutzig macht, muss hinterher auch die Wäsche waschen. 😉

Die Berge im Amazonasgebiet sind nie sonderlich hoch, aber es geht kontinuierlich und durchaus steil hoch und runter – eine Einstimmung auf die peruanischen Anden, wo wir noch höher hinaus wollen. Trotz aller schweißtreibenden Anstrengungen gefällt uns dieser grüne Teil Ecuadors sehr. Wir erfreuen uns an dem Meer an Bäumen sowie seinen menschlichen und tierischen Bewohner*innen. Doch nachdem wir bereits durch das halbe Land geradelt sind, werden wir in Macas plötzlich aufgehalten. Das ecuadorianische Kapitel unseres Radabenteuers wird in der nächsten Geschichte eine unerwartete Wendung nehmen.

Wie das Wasser nimmt auch unsere Geschichte ihren Lauf. Es ist sinnlos dagegen anzustrampeln.

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