La Sierra Norte – Pedaleando por la tierra de l@s huamachucos

Peru entschleunigt unsere Reise. Es sind nicht die ersten Berge, vor denen wir stehen. Doch die Dimensionen der peruanischen Anden sind eine völlig neue Erfahrung für uns. Stundenlang, manchmal sogar tagelang schleichen wir mit drei bis fünf Kilometern in der Stunde die Anstiege hoch. So schaffen wir fünfundzwanzig, wenn es gut läuft auch mal dreißig Kilometer am Tag. Oft sehen wir am Abend noch, wo wir morgens oder den Tag zuvor losgefahren sind.

Die Serpentinen werden wir noch lieben lernen.

Im Gegensatz zu den ecuadorianischen und zentralamerikanischen Straßen sind die Wege in Peru jedoch selten steil. Hier wird lieber eine Kurve mehr gezogen. Es ist beeindruckend, wie sie es schaffen sechzig, siebzig oder achtzig Kilometer lange Auffahrten zu bauen, die gleichmäßig ansteigen und trotzdem den Pass oben genau treffen. Wir bewundern diese ingenieurtechnischen Meisterleitungen. Nur allzu gut ist uns noch das steile Hoch und Runter aus Ecuador und Zentralamerika in Erinnerung, welches uns an jedem Hügel aus dem Rhythmus brachte.

Das heißt natürlich nicht, dass es in Peru gar keine steilen Straßen geben würde. Wo der Asphalt aufhört, wird es anstrengend.

Auch bergab kommen wir oft nur mit zehn Stundenkilometern voran. Die Kurven sind sehr eng und bremsen uns regelmäßig aus. Löchriger Asphalt und unerwartet auftauchende Schotterpassagen erfordern allerhöchste Konzentration. Außerdem müssen wir immer wieder anhalten und die Felgen abkühlen lassen. Bei einem Gesamtgewicht unseres Anhängergespanns von zweihundert Kilo fangen diese schnell an zu glühen. Auch der überlebensnotwendige Bremsweg möchte respektiert werden, falls auf den oft einspurigen Gebirgsstraßen doch plötzlich Gegenverkehr auftaucht. So ist es nicht verwunderlich, dass wir bereits nach eintausenddreihundert Kilometern die ersten Bremsbeläge austauschen müssen.

Bei dieser Aussicht sind wir jedoch über die ein oder andere Felgenabkühlpause nicht böse. 😉

Dementsprechend kommen wir sehr langsam, aber trotz der vielen Höhenmeter durchaus glücklich voran. Seit Alaska sind wir nicht mehr durch solch spektakuläre Landschaften geradelt. Vieles erinnert uns an den hohen Norden. Die weite, offene Landschaft ist nicht nur fantastisch anzusehen, sondern bietet endlich auch wieder mehr Platz zum Wildzelten. Da es nicht mehr so heiß wie zwischen Mexiko und Ecuador ist, müssen wir morgens auch nicht mehr so früh aufstehen und können in Ruhe frühstücken, was uns allen vieren sehr entgegen kommt. Dafür essen wir wieder unausgewogener. Abends kochen wir Nudeln mit Gemüse, aber unser Mittagessen besteht oft nur aus Brot und Thunfisch. Es sind weniger die großen Distanzen wie in Alaska, sondern vielmehr die zwischen den Orten liegenden Höhenmeter, die die Versorgung schwierig gestalten.

Heute hier, morgen dort!

Immerhin gibt es seit Peru wieder Brot. Es macht sich bemerkbar, dass wir langsam wieder in Regionen kommen, in denen Weizen angebaut wird. Nachdem wir im Norden Mexikos die letzten Weizen-Tortillas verspeist haben, waren wir bis Nicaragua auf Mais-Tortilla-Diät. Seit Costa Rica löffeln wir nur noch Reis. Auch in Peru wird immer noch viel Reis gegessen, aber bei den warmen Mahlzeiten sind nun Kartoffeln (in unzähligen Variationen) und beim Picknick leckeres Brot hinzugekommen. Das Brot in den Mais- und Reisländern ist oft labbrig und bietet Radler*innen keinerlei wertvolle Energie. Hier in Peru liefern die Bäckereien ihre Backwaren selbst in die kleinsten Dörfer und bereichern so unsere Mittagsdecke.

Mika deckt den Tisch.
In Peru wird nicht nur Weizen, sondern auch Quinoa angebaut.
Was wir jedoch vermissen, sind die wilden Tiere. Wir begegnen Eseln, Kühen, Pferden, Schafen und Schweinen, aber – abgesehen von ein paar Vögeln – keinem einzigen wilden Tier.

Nachdem wir die Groß-Eltern und die Chachapoya verabschiedet haben, machen wir uns auf den Weg zu den Huamachuco. Das indigene Volk der Huamachuco fing bereits im vierten Jahrhundert und damit einhundert Jahre vor den Chachapoya mit dem Bau seiner Festungsanlage an. Marcahuamachuco war damals eines der bedeutendsten Zentren in Nordperu, bevor auch die Huamachuco im fünfzehnten Jahrhundert von den Inka unterworfen wurden. Culle, ihre indigene Sprache, ist Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts ausgestorben. In Huamachuco wird heute Spanisch gesprochen.

Auch Marcahuamachuco wurde wie Kuélap, die Festung der Chachapoya, auf einem Bergrücken auf 3.600 Metern mit einer spektakulären Aussicht gebaut. Beide Anlagen stehen auf der Vorschlagsliste Perus, um als Weltkulturerbe bei der UNESCO aufgenommen zu werden.
Die Inka fanden Marcahuamachuco bereits als Ruine vor. Sie ließen sich auf dem Gebiet der heutigen Stadt Huamachuco nieder, welche 400 Meter tiefer in einem Talkessel liegt (links im Bild).
Im Gegensatz zu Kuélap begegnen wir hier oben nur einer Hand voll Tourist*innen.

Marcahuamachuco wird wie Kuélap im Reiseführersprech als ein „Machu Picchu des Nordens“ bezeichnet. Peru ist eine einzige archäologische Fundgrube. Überall im Land sind mehr oder weniger gut erforschte Ruinenstädte verstreut. Doch die berühmte Inkastadt Machu Picchu bleibt die Referenz. Machu Picchu kennt jede*r, Kuélap oder Marcahuamachuco hingegen wohl nur Peru-Reisende. Auch durch unseren Peru-Aufenthalt zieht sich die Machu-Picchu-Frage wie ein roter Faden. Sollen wir hinfahren oder nicht? Ich habe die zweifellos beeindruckenden Ruinen vor dreizehn Jahren besucht. Marilyne würde sie gern kennenlernen. Allerdings sollen sie mittlerweile noch überlaufener sein, als sie damals schon waren. Um den Ansturm zu bewältigen, werden die Tourist*innen heute in festgelegten Zeitfenstern durch die Ruinen geschleust. Doch ein Peru-Besuch ohne Machu Picchu – geht das?

Nachdem vor zwei Jahren in Kuélap die erste Seilbahn Perus erfolgreich eröffnet wurde, mehren sich nun die Überlegungen, auch nach Marcahuamachuco ein Kabel zu ziehen.
Das würde der Einsamkeit hier oben ein Ende bereiten, aber der sogenannten Entwicklung in der Region sicherlich dienen.
Ganz in der Nähe bauten die Huari ab dem siebenten Jahrhundert ihr Machtzentrum Wiracochabamba, welches allerdings nie fertig gestellt wurde. Die Festung Marcahuamachuco haben die Huari nie eingenommen.

Wir lassen Huamachuco und damit auch den Asphalt hinter uns. Vor uns liegen einhundertdreißig überwiegend holprige Kilometer bis zur Schlucht des Río Tablachaca, unserem nächsten Etappenziel. Ab hier sollen die Bilder für sich sprechen.

Eine Schotterpiste führt uns über Tres Rios auf 3.600 Meter hoch.
Ab und zu müssen wir einen kleinen Bach durchqueren …
… aber ansonsten lässt es sich hervorragend radeln.
Wir finden einen schönen Zeltplatz auf 3.500 Metern. Vor dem Frühstück ist es hier oben noch sehr kalt …
… aber nach dem Frühstück können die Handschuhe ausgezogen werden.
Die Abfahrt nach Cachicadán ist frisch asphaltiert.
Von Cachicadán werden uns die steilen Straßen und die heißen Quellen in Erinnerung bleiben.
Ab Cachicadán radeln wir wieder auf Schotter bergan. Es wird allerdings nicht mehr lange dauern, bis auch hier die Straße asphaltiert ist. In den letzten Jahren ist auf den peruanischen Straßen viel passiert. Überall wird gebaut.
Manchmal haben wir Pech und die Piste wurde gerade frisch aufgewühlt. Manchmal haben wir jedoch auch Glück und die Walze ist just vor uns über die Straße gerollt.
Tiere und Fußgänger*innen sind bergan oft schneller als wir.
Die Häuser in der Region werden überwiegend mit Lehmziegeln gebaut.
Im letzten Tageslicht fahren wir nach Angasmarca ab.
In Angasmarca ruhen wir uns eine Nacht aus …
… und schon geht es wieder den Berg hinauf. Eine Kurve …
… und noch eine Kurve.
Die freundlichen Bauarbeiter helfen uns über eine kaputte Brücke hinüber.
Einen Berg später erreichen wir Mollebamba …
… wo wir in einem der Lehmhäuser Unterschlupf finden.
Die Dörfer in der Region wirken wie ausgestorben. Die Türen sind verrammelt und viele Häuser stehen leer. Kinder treffen wir selten. Nur die alten Menschen sind geblieben.
Auch auf der Abfahrt zum Río Tablachaca wird gebaut.
Im Hintergrund sehen wir schon die Straße, die wir morgen wieder hochfahren müssen.

Überall in der Region sprudeln heiße Quellen aus dem Boden. Auch am Río Tablachaca werden wir fündig. Wo an anderen Orten sicherlich Luxusbäder errichtet werden würden, sind die Quellen in dieser abgelegenen Gegend Perus eher einfach gestaltet. Wir sind die einzigen Gäste und nutzen die Gelegenheit, um uns einen Nachmittag auszuruhen, denn der nächste Tag wird es in sich haben.

Die heißen Quellen am Río Tablachaca sind einladender, als sie auf den ersten Blick aussehen. 😉

Vor uns liegt unsere höhenmeterreichste Tagesetappe. Da die Piste entlang des Río Tablachaca noch nicht fertig gestellt ist, müssen wir ins Bergdorf Pallasca hochfahren, nur um am nächsten Tag wieder zum gleichen Fluss hinabzufahren. Da wir nicht in den Serpentinen zelten wollen, legen wir die eintausendfünfhundert Höhenmeter an einem Tag zurück.

In vierundzwanzig Serpentinen schrauben wir uns die ersten fünfhundert Höhenmeter aus dem Flusstal hoch.
Mit dem großelterlichen Begleitfahrzeug sind wir ohne Gepäck auch schon viertausend Höhenmeter an einem Tag geradelt. Mit Kind und Kegel sieht die peruanische Bergwelt jedoch ganz anders aus. 😉
Mal abgesehen von den üblichen Baustellenfahrzeugen hält sich der Verkehr angenehmerweise sehr in Grenzen.
Die Straßenbauarbeiten wirbeln jedoch so viel Staub auf …
… dass wir uns vor dem Mittagsessen erstmal das Gesicht waschen müssen.
Müde erreichen wir Pallasca.
Mit dem Wissen, dass es von hier nur noch bergab geht, machen wir uns trotz des anstrengenden gestrigen Tages gleich wieder auf den Weg.
Das sind Radlerfreuden: 79 Kilometer Abfahrt bis nach Chuquicara! Yeah!! 🙂
Wir befriedigen noch schnell die Neugierde der Schulkinder …
… und los geht’s!
Da leuchten die Augen …
… und glühen die Felgen!
In den Bergen fühlen wir uns oft ganz klein.
Marilyne genießt die letzten Sonnenstrahlen …
… bevor wir wieder in die Tablachaca-Schlucht hinabfahren.
Die Bergstraßen bieten nicht viel Platz. Zum Glück sind im Norden Perus nicht so viele Fahrzeuge unterwegs. Die wenigen (fast ausschließlich männlichen) Fahrer rasen jedoch sehr respektlos. Noch können wir uns mit ihnen arrangieren und rechtzeitig ausweichen. Doch es zeichnet sich bereits ab, dass uns der dichter besiedelte Süden und der damit unweigerlich zunehmende Verkehr vor große Herausforderungen stellen wird.
Unten im Tal wartet schon der Río Tablachaca auf uns, dessen Steilwände auch zu später Stunde noch ihr Farbenspiel zeigen.
In Sacaycacha dürfen wir unser Zelt bei einer Bäuerin aufschlagen. Zum Abendbrot statten uns die Kinder aus der Nachbarschaft einen Besuch ab …
… und übernehmen die heutige Gute-Nacht-Geschichte.
Am nächsten Morgen …
… darf Mika noch die Ziegen füttern …
… bevor wir weiter durch den Canyon radeln.
Die Farben und Formen begeistern uns.
Wir folgen dem Río Tablachaca flussabwärts …
… in dem die lokale Bevölkerung nach Gold sucht.
Die Anwohner*innen trinken das Wasser aus dem Fluss …
… trotzdem weiter oben am Lauf große Berkwerke operieren und schwere Maschinen durch den Fluss fahren, um Steine für den Straßenbau zu gewinnen.
Die Straße hat sich wie der Fluss tief in den Berg geschnitten.
Marilyne schlängelt sich geschickt zwischen Berg und Fluss hindurch.
Die Piste führt uns oft sehr nah am Abgrund vorbei …
… und wenn dort kein Platz mehr ist, mitten durch den Berg.
Nach 55 Kilometern wird die Straße zweispurig und wir kommen besser voran.
Die Landschaft ist nicht weniger spektakulär.
Es kommt uns allerdings von der Küste nun Gegenwind entgegen, sodass wir auch bergab immer wieder strampeln müssen. Dafür werden die Felgen nicht so heiß. 😉

In Chuquicara biegen wir nach neunundsiebzig Kilometern Abfahrt scharf links ab und folgen nun dem Río Santa flussaufwärts. Der Wind kommt jetzt von hinten und schiebt uns durch das ebenso schöne Flusstal in Richtung Cordillera Blanca.

Auch das Tal des Río Santa ist sehr trocken.
Die Landschaft ist karg.
Lediglich in unmittelbarer Nähe des Flusses wachsen ein paar Bäume, da die Dorfbewohner*innen hier Landwirtschaft betreiben.
Unterwegs kommen wir an vielen stillgelegten und einigen aktiven Bergwerken vorbei. Auch am Río Santa wird Raubbau an der Natur betrieben.
Diese verlassene Bergarbeitersiedlung bietet uns in der Mittagspause einen hervorragenden Windschutz.
Während wir eines Tages am Ufer des heiligen Flusses zelten…
… begegnen wir doch noch unserem ersten wilden Tier in Peru.
Kurz vor Huallanca kommt ganz klein am Horizont der erste schneebedeckte Gipfel der Cordillera Blanca in Sicht. Wir sind völlig aus dem Zeltchen! 🙂
Da wollen wir hin!

In Huallanca, am Fuße der Cordillera Blanca, legen wir eine Ruhepause ein. Wir blicken auf den höhenmeterreichsten Monat unserer Reise zurück. Seit Chachapoyas, dem Startpunkt unserer peruanischen Andenetappe, haben wir in achthundert Kilometern zwanzigtausend Höhenmeter zurückgelegt. Für die ersten zehntausend Höhenmeter haben wir im Rahmen der Tour de Pérou mit dem großelterlichen Begleitfahrzeug lediglich sechs Radeltage gebraucht, für die zweiten zehntausend mehr als doppelt so viele. Wir sind neunmal über dreitausend Meter geklettert und damit höher als alle Berge Deutschlands. Doch die richtig große Herausforderung liegt noch vor uns. In der Cordillera Blanca wollen wir höher hinaus, als alles, was die Alpen zu bieten haben. Ihr dürft gespannt bleiben!

Da ist noch Luft nach oben! 😉

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