Wir haben unser erstes Etappenziel erreicht: Guatemala!! 🙂 Unterwegs haben wir immer gesagt, bis hierhin und dann mal gucken. Hier sitzen wir nun am Lago de Atitlán, lassen die Beine nach über elftausend geradelten Kilometern baumeln und … gucken.
Wir nutzen die freie Zeit, uns Gedanken zu machen, wie es nun weitergehen soll. Es zeichnete sich bereits unterwegs ab, dass uns so schnell nichts zurück nach Europa zieht. Die Idee noch ein bisschen länger in Guatemala zu bleiben und (wieder) in einem Projekt zu arbeiten, verwerfen wir, weil die Schulferien jetzt von Oktober bis Januar dauern und wir die Kinder in der Zeit anderweitig betreuen müssten. Wir heben uns diesen Gedanken jedoch für später auf.
Außerdem führt uns der morgendliche Stress, die Kinder pünktlich in der Vorschule und der Bibliothek abzuliefern, wieder vor Augen, warum wir das Leben in Berlin hinter uns gelassen haben. Kinder zu wecken, macht keinen Spaß und es erfordert viel Disziplin das gemeinsame Frühstück unter Zeitdruck aufrecht zu erhalten. Am Nachmittag wollen sie dann abgeholt und zu anderen Freizeitbeschäftigungen gefahren werden. Wenngleich unsere Kinder leider die Sozialisierung in einer Gruppe von Gleichaltrigen verpassen, vermissen wir jedoch überhaupt nicht den Stress, den der straffe Zeitplan eines Kita- oder Schulalltags mit sich bringt. Der Alltag einer radreisenden Familie ist zwar auch nicht stressfrei, aber wir genießen bei Weitem mehr Freiheiten und können mehr Zeit miteinander verbringen. Nichtsdestotrotz überlegen wir, wie und wo wir unseren Kindern perspektivisch diesen sozialen Erfahrungsraum ermöglichen können.
Kommt Zeit, kommt Rad! Bevor wir uns jedoch wieder auf die Räder schwingen, müssen wir noch eine Richtung festlegen und unser Gepäck reduzieren. Zwar ist natürlich der Weg das Ziel, aber ohne Ziel gibt es keinen Weg. Wir schwanken lange zwischen Kuba und Zentralamerika hin und her. Nachdem wir ein halbes Jahr in Mexiko unterwegs waren, sehnen wir uns nach ruhigeren Fahrbahnen. Wir haben Kuba von einer früheren Radreise in bester Erinnerung. Uns reizt der Gedanke, nicht mehr mit so viel Verkehr und Verschmutzung kämpfen zu müssen und nicht ständig mit der Angst vor dem nächsten Dorf konfrontiert zu werden.
Das Problem ist nur: Wie kommen wir auf die Insel? Es gibt keine reguläre Fährverbindung, sondern lediglich Kreuzfahrtschiffe, die auf ihren Rundreisen kubanische Häfen anlaufen. Gelegentlich legen auch private Segelboote dort an. Allerdings lässt sich damit nicht planen und wir erwarten zu Weihnachten den nächsten Familienbesuch. Am schnellsten würden wir Kuba von Cancún (Mexiko) aus mit dem Flugzeug erreichen. Aber mal abgesehen davon, dass der Hin- und Weiterflug unsere CO₂-Bilanz der letzten anderthalb Jahre enorm verschlechtern würde, müssten wir dafür wieder siebenhundert Kilometer zurück nach Norden radeln. Außerdem ist Fliegen mit den Rädern, dem Anhänger und den Kindern im Gepäck stressig. Es erscheint uns logistisch einfacher, unsere Reise auf dem Landweg in Richtung Süden fortzusetzen. Wir trösten uns mit dem Gedanken, dass die Insel zwar schwer zu erreichen ist, aber vermutlich gerade deswegen ihren Sonderstatus in Lateinamerika aufrecht erhalten kann. Auf dem Landweg hätten die vielen Autos, die Verschmutzung und die Unsicherheit, die Mexiko und Zentralamerika plagen, schon längst Einzug gehalten.
Nachdem die Route steht, packen wir unsere Radtaschen aus, drehen jedes Gepäckstück zweimal um und überlegen, was wir davon im Moment nicht zwingend brauchen. Marilyne fuhr die letzten Kilometer hart am Gewichtslimit. Uns war klar, dass wir rigoros Gewicht reduzieren müssen, um den Spaßfaktor aufrecht zu erhalten. Noch sind wir zwar im Tiefland unterwegs, allerdings offenbart uns der Blick auf die Landkarte, dass in Zentralamerika noch einige Gebirge vor uns liegen. Die Berge sind zwar nicht mehr ganz so hoch wie in Mexiko, aber dafür sehr steil. Vor allem Guatemala ist berühmt für seine Anstiege.
An dieser Stelle können wir das Gewichtsrätsel, welches wir Euch vor über einem Jahr in Alaska gestellt haben, auflösen. Wir wogen damals alle vier zusammen 133 Kilo. Mittlerweile sind wir mit wesentlich weniger Essen unterwegs. Dafür wiegen die Kinder jetzt aber ein paar Kilo mehr. Da Abnehmen keine Option ist, müssen andere Entscheidungen her.
Wir werden uns vorerst von Marlas Fahrrad und der FollowMe-Tandemkupplung verabschieden. Es war eine sehr schwierige Entscheidung, da Marla so unglaublich stolz auf ihr Rad war und sie radelnd noch einmal aus einer ganz anderen Perspektive an unserer Reise teilhaben konnte. Doch Rad und Kupplung wiegen zusammen bereits zehn Kilo, die noch dazu hinten dran hängen, was sich am Berg besonders bemerkbar macht.
Darüber hinaus verschiffen wir einen Rucksack voller Wintersachen mit einem Segelboot nach Panama. Seitdem wir das Tiefland in Mexiko erreicht haben, fahren wir die Klamotten ungetragen spazieren. Es ist absehbar, dass wir sie auch auf den nächsten dreitausend Kilometern durch das heiße Zentralamerika nicht brauchen werden, sondern frühstens in den Anden wieder.
In einen weiteren Rucksack packen wir unser großes Vier-Personen-Expeditionszelt, welches auch eher für kältere Temperaturen ausgelegt ist. Zentralamerika ist sehr dicht besiedelt und wilde Zeltplätze sind rar gesät. Aufgrund der Sicherheitslage werden wir zwischen Guatemarla und Mikaragua die Einheimischen um Erlaubnis bitten, auf privaten Grundstücken zelten zu dürfen. Hierfür nutzen wir jedoch sowieso meistens unser kleines und leichtes Moskitozelt. Im Zweifelsfall werden wir auf günstige Unterkünfte ausweichen, die es in Zentralamerika in jedem größeren Ort gibt.
Die Mitbewohnerin einer Freundin bietet uns an, den zweiten Rucksack mit nach Costa Rica zu nehmen, was wir dankend annehmen. Ab Costa Rica wollen wir dann endlich wieder mehr zelten, weil es erstens die Sicherheitslage erlaubt und zweitens unser Budget erfordert. Costa Rica und Panama zählen neben Belize zu den teuersten Ländern in Zentralamerika. Insgesamt haben wir somit 25 Kilo Gepäck reduziert. Entsprechend erleichtert starten wir frohen Mutes in den zweiten Teil unseren Abenteuers.
Je weiter wir gen Süden radeln, desto mehr Autos sind auf den Straßen unterwegs. Leider funktioniert in Guatemala das Ping-Pong-Prinzip der mexikanischen Warnblinker nicht, aber die Guatemaltek*innen fahren (mal abgesehen von den üblichen verdächtigen Bussen) sehr respektvoll. Als wir jedoch auf die Schnellstraße zwischen der Hauptstadt und der Karibik stoßen, wird das Radeln im Verkehr unentspannt, sodass wir uns kleine Nebenstraßen bis nach Honduras suchen.
Wir radeln entlang der alten Bananenbahn, die, nachdem die Schnellstraße fertiggestellt worden war, stillgelegt wurde. Die riesigen Plantagen gibt es immer noch. Heute werden die Bananen jedoch auf LKWs zum Hafen transportiert, von wo aus sie in die ganze Welt exportiert werden. Die Schienen wurden demontiert und die Schwellen zugeschüttet, sodass ein gut radelbarer Feldweg entstanden ist, welcher dem Talverlauf ohne anstrengende Steigungen folgt. Die Polizist*innen und Anwohner*innen der nächstgrößeren Stadt warnen uns vor diesem Weg, weil er sehr einsam sei. Sie waren jedoch entweder lange nicht mehr oder noch nie auf diesem Weg unterwegs. Das Phänomen der Angst vor dem nächsten Dorf begegnet uns auch in Guatemala, wenngleich bei Weitem nicht so ausgeprägt wie in Mexiko. Darüber hinaus ist es sehr schwer für uns herauszufinden, in welchem Zustand die Piste ist. So wissen wir am Morgen nicht, was uns im Laufe des Tages erwartet. Wir kommen durch Dörfer, durch die nur eine Straße führt, wo uns die Einheimischen nicht erzählen können, wie es hinter ihrem Dorf aussieht, weil sie nie in diese Richtung unterwegs sind. Je weiter wir jedoch voran kommen, desto entspannter und zuversichtlicher werden die Menschen angesichts unseres Vorhabens. Letztendlich entpuppt sich die Strecke als einer der schönsten Radwege auf unserer Route durch Guatemala.
Trotz der Gepäckerleichterung entscheiden wir uns für den Weg des geringsten Widerstands nach Honduras. Das Hochland besuchen wir im Bus. In Gualán lassen wir die Räder erneut stehen und fahren mit den Öffentlichen in die Hauptstadt, um unsere Aufenthaltsgenehmigung zu verlängern. Die 90 Tage, die wir bei der Einreise nach Guatemala erhalten haben, gelten für die gesamte CA-4-Zone (sprich Guatemala, Honduras, El Salvador und Nicaragua). Innerhalb dieser Zone können sich die Zentralamerikaner*innen und Ausländer*innen ähnlich wie im Schengen-Raum frei bewegen, wenngleich es immer noch Grenzkontrollen gibt. Weil wir nun bereits seit zweieinhalb Monaten in Guatemala verweilen, schaffen wir es nicht mehr innerhalb der 90 Tage die Grenze nach Costa Rica zu überqueren. Da der Papierkram für die Verlängerung acht Tage in Anspruch nimmt, nutzen wir die Zeit und fahren derweil zu Allerheiligen nach Todos Santos (Allerheiligen), ein kleines Bergdorf in den Cuchumatanes.
Die weite Anreise hat sich gelohnt. Wir freuen uns, noch einmal diesen Kontrast erleben zu dürfen. In dieser Region haben wir uns damals beim Arbeiten in einem Projekt kennengelernt. Das Tiefland, durch welches wir diesmal in Guatemala radeln, ist hingegen eine ganz andere Welt. Es ist viel weniger indigen geprägt, da die Indigenen von den fruchtbaren Böden in die Berge vertrieben wurden. Der landschaftlich reizvolle Regenwald ist von Abholzung bedroht und beschränkt sich auf immer kleinere Gebiete im Norden Guatemalas. Die Landschaft im restlichen Tiefland ist überwiegend von Land- und Viehwirtschaft geprägt. Vom Hochland wiederum kennen viele Guatemaltek*innen aus dem Tiefland nur sehr wenig. Kein Wunder: Die Anreise aus der Hauptstadt (die wiederum eine Nachtbusreise von El Remate entfernt liegt) dauert sechs Stunden auf der Panamericana bis in die Departementshauptstadt Huehuetenango und weitere drei Stunden für die letzten 45 Kilometer bergauf bis nach Todos Santos.
Mit frischen Stempeln in den Pässen fahren wir nach Gualán zurück und klettern kurz vor der honduranischen Grenze nun auch auf den Rädern in die Berge hoch, um den Verkehr auf den Hauptstraßen zu umfahren.
Oder um es mit Darrens Worten zu sagen, der uns auf Prince of Wales Island in Alaska seinen Bulli geliehen hat und den wir zusammen mit seiner Frau Linda in Seattle und Südkalifornien wieder getroffen haben:
“Those who travel the muddy roads are so much happier in their souls than those who have paved ones. It’s not what people have that counts, it’s how they use it. Creativity is fun, just ask a kid. When you lack, you have to be creative … and then your proud of what you’ve done, because you made a lot from so little.”
Chère petite famille !! Nous avons été ravis de voir les photos du séjour de vos papy mamie auprès de vous ! ils sont revenus enchantés de leur séjour auprès de leurs petits-enfants et de vous et famille de Daniel !! Je n’ai pas la traduction mais les photos sont parlantes ; vous semblez heureux !!
néanmoins, ménagez-vous !! Nous vous embrassons très fort, vos enfants sont ravissants.